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In 5 Tagen zum KI-Prototypen

Erkenntnisse aus einem Design Sprint

Von der initialen Ideenfindung bis zum erfolgreichen Prototypenbau – in nur fünf Tagen haben wir nicht nur Ideen, sondern echte KI-Beratungsprodukte für die Energiewirtschaft entwickelt und einem Kundenfeedback unterzogen! In diesem Artikel beschreibt unser Kollege Ben Behnke, wie er diesen intensiven Prozess eines „Design Sprints“ erlebt hat und welche Erkenntnisse er auf dem Weg sammeln konnte.

Energiewirtschaft im KI-Zeitalter

Spätestens seit der medialen Berichterstattung rund um ChatGPT gibt es wenige Leute, denen „KI“ ein absolutes Fremdwort ist. Aber dessen fundamentale Bedeutung und konkrete Anwendungsmöglichkeiten sind schon deutlich weniger Menschen bewusst. Natürlich hat auch die energiewirtschaftliche Fachpresse das Thema verstärkt aufgegriffen, laut einer dena-Umfrage rechnen drei von vier Energieunternehmen in Deutschland mit positiven Folgen für die Energiewende durch den Einsatz von KI. Und auch wenn wir uns bei sbc bereits seit 2018 mit KI-Ansätzen beschäftigen, sagte ich im Sommer zu unserem Geschäftsführer: „Sascha, wir müssen unbedingt mehr Fahrt im Bereich KI aufnehmen“. Damit bezog ich mich vor allem auf eine klare Positionierung und konkrete, vermarktbare Beratungsprodukte.

Design Sprints als Katalysator

Auf seine Reaktion „Klar, ich habe ferienbedingt noch Platz im Kalender, lass‘ uns beide doch einen Design Sprint dazu machen!“ antwortete ich „Super Idee, das machen wir!“ und dachte ‚Hä? Design Sprint? Was ist das denn?‘

Also recherchierte ich und lernte, dass mit Hilfe einem Design Sprint ausgehend von einer Problemstellung oder einer Idee innerhalb von nur fünf Tagen in einem kleinen Team einen oder mehrere konkrete Prototypen erstellt und testet.

Ein Design Sprint ist eine Methode, die von Google Ventures entwickelt wurde, um Produkte oder Dienstleistungen in kurzer Zeit zu konzipieren, zu prototypisieren und zu testen.

Da unsere Kalender doch voller waren als gedacht, verteilte ich die fünf Sessions auf zwei Kalenderwochen und plante jeweils drei Stunden ein. Der Grundgedanke des Design Sprints verfolgt eigentlich den Ansatz innerhalb von fünf kompletten, aufeinanderfolgenden Tagen intensiv an einem Thema zu arbeiten.

Ablauf eines Design Sprints

Erkenntnis 1: Einfach anfangen, anstatt wochenlang Konzepte zu schreiben und abzustimmen, oder wochenlang nach einer freien Kalenderwoche zu suchen!

 

Tag 1 – Problemanalyse

Nach einem kurzen Abgleich unserer Erwartungen an den Design Sprint und den ersten Tag machten wir uns an die Formulierung des Sprint-Ziels:

„Als Beratungsunternehmen in der Energiewirtschaft möchten wir KI-bezogene Beratungsprodukte definieren, um unser Leistungsportfolio um das Zukunftsthema „Künstliche Intelligenz“ zu erweitern.“

Um unsere Kenntnisstände zum Thema abzugleichen schrieben wir „KI in der Energiewirtschaft“ in die Mitte einer leeren Mindmap und legten los.

Eine Mindmap ist ein Mittel zur Darstellung von Wörtern, Ideen, Aufgaben oder anderen Konzepten, die um ein zentrales Schlüsselwort gruppiert sind.

Nach 90 Minuten intensiven Sammelns und Diskutierens hatten wir mehr als 100 Einträge zu Energiethemen und Marktprozessen identifiziert, in denen wir uns den Einsatz von Künstlicher Intelligenz grundsätzlich vorstellen können. Anschließend fütterten wir unseren externen Sparringspartner ChatGPT mit unseren Ergebnissen und fragten ihn, welche Beratungsansätze für uns denn infrage kämen und warum. Die 20 bis 30 vorgeschlagenen Ideen bewerteten wir anschließend und trafen eine erste Vorauswahl als Basis für Tag 2.

Erkenntnis 2: Ein gemeinsames Ziel und Problemverständnis sind essenziell.

Erkenntnis 3: Passende Methoden ermöglichen eine effiziente Schärfung des Ziels.

 

Tag 2 – Für Lösung entscheiden

Für Tag 2 luden wir Christoph, einen Kollegen aus dem SOPTIM-Produktgeschäft ein, mit dem wir im Vorfeld schon über KI-Ansätze und Beratungsprodukte gesprochen hatten, um bei der Lösungsauswahl seine Sicht und sein Knowhow berücksichtigen zu können. Nach Synchronisation unserer Erwartungen an den Tag und einer kurzen Diskussion über unsere vorausgewählten Beratungsansätze galt es nun, sich festzulegen. Durch mehrstufiges Voting reduzierten wir die Liste immer weiter und dokumentierten in jedem Schritt unsere Beweggründe Ideen nicht weiterzuverfolgen, oder wiesen ihnen einen Rahmen außerhalb des Design Sprints zu, in dem sie noch einmal aufgegriffen werden sollten.

Unsere finale Liste bestand aus drei potenziellen Beratungsansätzen:

sbc-Beratungsansätze zu KI

Zur weiteren Ausarbeitung der Themen bestimmten wir die inhaltlichen Schwerpunkte, Zielgruppen, Mehrwerte für Kunden, Zielsetzung für uns, Abgrenzung des Themas, sowie erste Ideen zu Inhalten & Ablauf, Marketing & Vertrieb. In den nächsten 60 Minuten machte sich jeder von uns an die Ausarbeitung eines Themas, anschließend stellten wir uns gegenseitig die Ergebnisse vor und diskutierten sie.

Erkenntnis 4: Wissensträger direkt einzubinden sorgt für eine solide Entscheidungsgrundlage.

Erkenntnis 5: Sich zu fokussieren erscheint zwar hart, zahlt sich aber im weiteren Verlauf aus.

 

Tag 3 – Prototypen bauen

Die dritte Session bestritten wir wieder zu zweit. Zuerst galt es zu definieren, was wir unter einem „Prototypen“, also dem Ergebnis unseres Design Sprints, verstehen. Wir bestimmten, dass wir für jedes Beratungsprodukt eine Business Model Canvas (BMC) erstellen möchten, welche unseren Prototypen darstellt.

Die Business Model Canvas ist ein strategisches Management-Template für die Entwicklung neuer oder die Dokumentation bestehender Geschäftsmodelle.

Damit wir bei der Definition den Kundenblick nicht aus den Augen verlieren, sollte jede BMC auf einer Value Proposition Canvas (VPC) basieren, die es zuerst zu erstellen galt.

Die Value Proposition Canvas hilft Unternehmen, sich auf die Kundenbedürfnisse und -wünsche zu konzentrieren.

Wir erarbeiteten die VPC, sowie die BMC für das KI-Schulungsprogramm gemeinsam und mit Unterstützung von ChatGPT, sodass wir bei der eigenständigen Erarbeitung der anderen beiden Themen im Anschluss bereits unsere Erkenntnisse einfließen lassen konnten. Außerdem war so sichergestellt, dass die drei Prototypen ähnlich umfangreich und ähnlich formuliert waren. Am Ende des Termins stellten wir uns die Ergebnisse gegenseitig vor und legten fest, welche Personen aus unserem Netzwerk wir an Tag 5 unseres Design Sprints als Tester einladen wollen.

Erkenntnis 6: Dokumentation aller Prozessschritte, Gedanken, Arbeits- und Diskussionsergebnisse ist unerlässlich, um diese auch später noch nachvollziehen zu können.

Erkenntnis 7: ChatGPT ist ein wunderbarer Ideengeber und kann einem 80% der Fleißarbeit abnehmen, er sollte jedoch niemals das eigene Denken ersetzen.

 

Tag 4 – Prototypen finalisieren

Um sicherzustellen, dass wir keine wesentlichen Aspekte bei der Ausarbeitung unserer Prototypen vergessen haben, wendeten wir an Tag 4 die Kreativitätstechnik SCAMPER auf unsere BMCs an, indem wir unsere bisherigen Ergebnisse betrachten und neue Impulse und Facetten generierten.

SCAMPER steht für Substitute, Combine, Adapt, Modify, Put to another use, Eliminate und Reverse. Es handelt sich um eine Kreativitätstechnik, die dazu dient, neue Ideen zu generieren oder bestehende Ideen durch Einnahme anderer Perspektiven zu verbessern.

Einen Teil davon arbeiteten wir in die BMCs ein und schlossen diese damit inhaltlich ab. Beispielsweise stellten wir bei (C)ombine zum Prototypen „KI-Schulung“ fest, dass sich diese möglicherweise als Einstieg in den Prototyp „KI-Strategieberatung“ eignet. Wir hoben diesen Aspekt anschließend in der BMC also deutlicher hervor.

Business Model Canvas zu „KI-Schulung“ (Klicken zum Vergrößern)

Nachdem wir unsere Prototypen an Tag 4 nun also fertiggestellt hatten, bereiteten wir gemeinsam die Kundentests an Tag 5 vor. Zu diesem Zeitpunkt hatten bereits alle drei angefragten Kontakte der Stadtwerke Düsseldorf, Düren und Wuppertal zugesagt, sodass wir den Kern unserer Ergebnisse natürlich so präsentieren wollten, dass ein wertvolles Feedback überhaupt möglich ist. Wir hatten an 3,5 Tagen neben den drei sehr umfangreichen Business Model Canvases zudem mehr als 8000 Wörter Text generiert.

Erkenntnis 8: Kreativitätstechniken wie SCAMPER ermöglichen wertvolle neue Blickwinkel auf eine augenscheinlich „fertige“ Lösung.

Erkenntnis 9: Wenn drei externe Kontakte ohne zu zögern weniger als eine Woche vorher einem Dreistundentermin an einem Freitagnachmittag bei 30 Grad zusagen, dann hat man ein tolles Netzwerk.

 

Tag 5 – Prototypen testen

Nachdem wir unsere Gäste und Christoph von Tag 2 im virtuellen Termin begrüßt haben, schilderte ich kurz unsere Motivation, das Vorgehensmodell „Design Sprint“, unseren aktuellen Stand sowie unsere Erwartungen an den Termin. Wir stellten nacheinander die Prototypen für unsere Beratungsprodukte vor und fokussierten uns dabei vor allem auf die Aspekte „Wertversprechen“, „Aktivitäten“ und „Kundensegmente“ aus den Business Model Canvases. Nach jedem Durchgang erfragten und dokumentierten wir Feedback in den Dimensionen „Was gefällt euch daran?“, „Wo habt ihr Bedenken?“, „Was ist noch nicht klar?“ und „Welche Ideen habt ihr?“ und vertieften besonders die Fragen und die Ideen.

Der einstimmige Wunsch aller Teilnehmer, zu einem späteren Zeitpunkt in gleicher Besetzung noch einmal über die konkrete Umsetzung zu sprechen, sowie das wertvolle Feedback aus dem Termin spiegeln den Erfolg eines außerordentlichen Design Sprints wider.

Erkenntnis 10: Wesentliche Faktoren für den Erfolg eines Termins sind ein klares Ziel, zielgruppenspezifische Vorbereitung, Methodenauswahl, strukturierte Moderation und motivierte Menschen.

Erkenntnis 11: Der einzige Aufwand außerhalb der fünf dreistündigen Sessions lag im Aufbau des Mural-Boards für den Abschlusstermin und im Versand der Dankeschön-Pakete an die Gäste.

 

Was seitdem geschah

Nach dem Termin haben wir die externen Anregungen in den Beschreibungen der Prototypen berücksichtigt. Hervorzuheben sind hierbei klarere Beschreibungen, wen die Produkte in Unternehmen konkret ansprechen sollen (Zielgruppe), mehr „Ausprobieren und KI erlebbar machen“, iteratives / agiles Vorgehen bei der Umsetzung, ansprechendere Produktnamen, sowie ein individualisiertes / modulares Produktangebot.

Mittlerweile beschäftigt sich ein sbc-interner Circle von talentierten Menschen an der Operationalisierung und Ausgestaltung der Prototypen unter Berücksichtigung der Feedbacks. Wir werden in den nächsten Wochen und Monaten sukzessive mit dem Marketing und Vertrieb für unsere Beratungsansätze im Kontext KI in der Energiewirtschaft starten.

Autor: Benjamin Behnke

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